ANDHERI HILFE

Tabu Menstruation - Mädchen und Frauen in Indien leiden

Die Hälfte der Weltbevölkerung erlebt sie im Laufe ihres Lebens: die weibliche Menstruation. Für uns ein ganz natürlicher Vorgang. Warum die Menstruation jedoch in manchen Ländern, wie z.B. in Indien, dazu führen kann, dass Mädchen und Frauen nicht ungehindert am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, möchten wir näher beleuchten.

Frauen werden abgewertet

Rund 400 Millionen Inderinnen sind in dem Alter, in dem sie menstruieren. Viele von ihnen sind in dieser Zeit gesellschaftlichen Regeln unterworfen. Sie dürfen z.B. kein Essen zubereiten, nicht bei ihren Ehemännern im Bett schlafen und sollen keine neugeborenen Kinder besuchen. Die Menstruation wird tabuisiert. Die Vorgänge in ihrem weiblichen Körper werden abgewertet und da nicht über die Menstruation gesprochen wird, ist der Zugang zu Informationen sehr schwierig.

Von den Religionen geprägte Diskriminierung

Was uns fremd erscheint, war doch auch bis in die 70er-Jahre in Deutschland präsent. Frauen sollten während ihrer Periode keine Milch berühren oder Lebensmittel einwecken. Und auch heute haben viele Männer noch nie Monatshygieneartikel für ihre Partnerinnen gekauft. Im Wesentlichen haben die Weltreligionen das Bild der unreinen Periode geprägt. Auch in der Bibel heißt es im dritten Buch Mose, dass Frauen während dieser Zeit sieben Tage unrein sind. In hinduistischen Familien variieren die Vorschriften je nach Kaste, Region und ethnischer Zugehörigkeit. "Keine Kameras, keine Schuhe, keine menstruierenden Frauen", so lautet die Aufschrift auf vielen Schildern vor indischen Tempeln.

Nur wenige Frauen und Mädchen in Indien haben Zugang zu Produkten der Monatshygiene

Viele Frauen können sich Binden und Tampons nicht leisten, viele schämen sich diese zu kaufen. Besonders in Dörfern ist der Zugang zu Hygieneartikeln oft beschränkt. Gibt es einen kleinen Laden im Dorf, so möchte "Frau" dort oftmals keine Binden einkaufen, da ihr dies vor dem zumeist männlichen Ladenbesitzer unangenehm wäre. So nutzt eine Mehrzahl der indischen Frauen Stofffetzen, aber auch Zeitungspapier, Blätter oder mit Asche gefüllte Säckchen, um sich vor der monatlichen Blutung zu schützen. Dazu kommt der mangelnde Zugang zu Toiletten und fließend Wasser, der eine gute Monatshygiene sehr erschwert. Rund die Hälfte der indischen Bevölkerung hat keinen Zugang zu einer ordentlichen Toilette. Die mangelhafte Monatshygiene birgt schwerwiegende gesundheitliche Risiken: In keinem anderen Land der Erde erkranken und sterben so viele Frauen an Gebärmutterhalskrebs wie in Indien. Die Rate liegt fast doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. Auch das Risiko unfruchtbar zu werden besteht.

Beginn der Pubertät = Ende der Schulzeit?

Die Mehrheit der indischen Mädchen trifft ihre erste Periode völlig unvorbereitet. Viele haben Angst und denken sie seien krank. Für viele Mädchen endet der Schulbesuch mit Einsatz der ersten Periode. In manchen Fällen erachten die Eltern sie nun als heiratsfähig. In vielen anderen Fällen ist aber das Stigma Menstruation am Schulabbruch Schuld: Viele Mädchen wissen nicht, wie sie sich vor der Blutung schützen sollen und bleiben aus Angst dem Unterricht fern.

Selbstmord in Tamil Nadu rüttelt auf

Vor einigen Jahren sorgte ein Fall in Tamil Nadu für Aufsehen: Eine 12-jährige Schülerin beging Selbstmord, weil ihre Lehrerin sie gezwungen hatte, der Klasse ihre blutbefleckte Kleidung zu zeigen. Obwohl an den öffentlichen Schulen Toiletten vorgeschrieben sind, fehlen sie oft oder sind in einem desolaten Zustand. Dies ist für die Mädchen ein großes Problem: Es fehlt ein Rückzugsort, an dem sie sich um ihre Monatshygiene kümmern könnten. So führt der Beginn der Pubertät für rund ein Viertel der Mädchen dazu, dass sie die Schule abbrechen. Noch mehr Mädchen kommen nicht zur Schule, wenn sie ihre Periode haben und verpassen so sehr viel Unterrichtsstoff. All dies hat gravierende Folgen für die Bildung der weiblichen Bevölkerung Indiens.

Renuka Bala ist die Leiterin unserer Partnerorganisation Centre for Women's Development and Research (CWDR) und arbeitet in den Slums von Chennai und umliegenden Dörfern besonders mit Frauen und Mädchen.

Warum ist die Menstruation so ein Tabu in Indien?

Vielleicht weil sie nur Frauen und Mädchen betrifft. Wenn Männer Blut vergießen, so hat dies stets etwas mit Mut und Ehre zu tun. Z.B. spricht man davon, dass Soldaten Blut für ihre Nation vergießen. Aber wenn Frauen als Zeichen der Fruchtbarkeit Blut verlieren, wird dieses Blut als unrein angesehen. Trotzdem gibt es in Indien auch Tempel, in denen die Menstruation der Göttinnen gefeiert wird, am berühmtesten ist der Kamakhya Tempel in Assam.

Mit der Organisation CWDR bietet Ihr Sexualkunde an Schulen an. Ist diese Aufklärungsarbeit nicht Teil des regulären Lehrplans?

Es ist eines unserer größten Anliegen, dass ausführliche Sexualkunde Teil des regulären Lehrplans an den indischen Schulen wird. Aktuell wurden unter der aktuellen Regierung weitere Unterrichtsinhalte gestrichen und so nehmen auch Schwangerschaften von Minderjährigen wieder zu. Wir leisten wichtige Aufklärungsarbeit, können jedoch mit unseren Veranstaltungen nur einen kleinen Bruchteil der Schülerinnen und Schüler erreichen.

Was denkst Du ist notwendig, um das Tabu der Menstruation zu brechen?

Aufklärung ist das Wichtigste. Männer und Frauen müssen wissen, dass die weibliche Periode ein ganz natürlicher Vorgang ist, der jeden Monat Millionen von Frauen und Mädchen weltweit begleitet. Wir setzen bei unserer Aufklärungsarbeit auch auf die modernen Medien. So haben wir eine App für Mobiltelefone entwickelt, die sich an Mädchen in der Pubertät richtet. Es gibt informative Texte zu verschiedenen Themen wie Menstruation, Pubertät und Schwangerschaft. Außerdem gibt es Frage-und-Antwort-Spiele, um die Mädchen spielerisch an die Themen heranzuführen. Demnächst soll die App im Google Play Store veröffentlicht werden. Auch möchten wir uns dafür einsetzen, dass es die notwendigen Einrichtungen gibt, die das Leben der Frauen in Indien einfacher machen. Z.B. öffentliche Automaten, an denen man Hygieneprodukte kaufen kann oder Entsorgungsmöglichkeiten in öffentlichen Toiletten. Die Menstruation soll ein natürlicher Bestandteil unser aller Leben werden und nichts wofür man sich schämen muss.

Toiletten erleichtern Frauen und Mädchen das Leben

Nur rund die Hälfte der indischen Bevölkerung hat Zugang zu Toiletten. Besonders in ländlichen Gebieten müssen viele Menschen ihre Notdurft auf den Feldern verrichten. Für Mädchen und Frauen ist dies besonders während ihrer Menstruation sehr unangenehm. Prema berichtet, wie sich ihr Leben verändert hat, nachdem ihre Familie im Rahmen eines unserer Projekte eine Toilette mit angeschlossener Biogasanlage bauen konnte: "Immer wenn ich und meine Schwester unsere Periode hatten, waren dies die schwierigsten Tage des Monats für uns.

Über Menstruation sprechen

Wir mussten noch früher als sonst aufstehen und ein extra Gefäß mit Wasser zum Waschen auf die Felder mit uns nehmen. So wusste immer jeder Bescheid… Es war sehr schwierig die Stofffetzen zu waschen, mit denen wir uns vor der Blutung schützten. Wir sahen die tollen Werbeplakate für Binden und die glücklichen Frauen darauf, doch die Binden waren für uns einfach unbezahlbar. Als ich an einem Schneiderei-Kurs teilnahm, lernten wir hier auch einiges zu Gesundheit und Hygiene. Unsere Lehrerin ermutigte uns, über unsere Menstruation zu sprechen und wir erkannten, wie schlecht es allen Mädchen während dieser speziellen Tage ging. Sie zeigte uns dann, wie wir wiederverwendbare Stoffbinden nähen können.

Unser Leben ist einfacher geworden

Durch Waschen und heißes Bügeln werden sie wieder steril und sind viel besser für uns als die alten Stofffetzen. Jetzt haben wir dank des Projektes sogar unsere eigene Toilette in unserem Garten. Dank der angeschlossenen Biogas-Anlage können wir nun auch einen kleinen Gaskocher nutzen und müssen nicht länger nach Feuerholz suchen. Unser Leben ist so viel einfacher geworden und ich bin so glücklich, dass meine jüngeren Schwestern nicht mehr dasselbe durchmachen müssen, wie ich!"

Menstruation Indien Hygiene Binden
Diese Frauen einer Frauengruppe in Indien produzieren Binden für die Monatshygiene.

Projektpartner

CWDR

Zu folgenden SDG-Zielen tragen wir in diesem Projekt besonders bei:

 SDG 5: Geschlechter Gleichheit SDG 6: Sauberes Wasser

130 €

Mit Ihrer Spende in Höhe von 130 Euro können wir eine Berufsfortbildung für 10 Hausangestellte finanzieren. 

 

 

 

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Ihre Ansprechpartnerin

Barbara von Hillebrandt-Jung
Referat Indien

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