ANDHERI HILFE

Bangladesch: Überleben auf Schwemminseln

Wenn es im Juni zu regnen beginnt, bockt Majitma ihr Bett auf, denn das Wasser steigt. Dafür stellt sie Ziegel unter die Bettpfosten. Ihre Hütte steht während der Flut bis zu einen Meter unter Wasser. Die 65-jährige ist verwitwet und lebt mit einem ihrer Söhne in einem der 148 Dörfer in Lalmonirhat, einer der nördlichsten Gegenden Bangladeschs auf einer Schwemminsel, einer der sogenannten Chars. Ihr Sohn ist körperlich beeinträchtigt, Majitma pflegt ihn. Nur mit einem Boot können wir zu ihr gelangen.

Flut in Flussnähe und auf den Chars am stärksten

Unsere Partnerorganisation SKS Foundation arbeitet in den Dörfern in Flussnähe oder auf den Chars, mitten in den Flüssen- Hier sind die Menschen am stärksten von der Flut betroffen. Wenn das Wasser in Majitmas Hütte noch höher steigt, flieht sie mit ihrem Sohn in eine von der Regierung angefangene, aber nicht fertig gestellte Not-Unterkunft, die etwas höher auf der Schwemminsel liegt. Schwangere und Kranke versuchen die Menschen so gut es geht bei steigendem Wasserpegel von der Insel zu bringen.

Majitma hat die Flut schon oft erlebt

Jedes Jahr wird ihr Zuhause überschwemmt. Meistens muss sie es nach der Flut neu aufbauen, denn die Wellblechhütte hält den Fluten nicht stand. Oft dauert es Monate, bis ihr Sohn und sie wieder in ihre Hütte zurück können. Baulichen Maßnahmen wie Schutzdämme sind durch die sich ständig ändernden Flusserosionen kaum oder gar nicht planbar – manchmal machen sie in den Augen der Regierung auch keinen Sinn mehr. Es gibt Frühwarnsysteme, doch sie funktionieren nicht und nicht alle Dörfer sind darin eingebunden. Ein sich jährlich wiederholender Teufelskreis für die Betroffenen, der von Jahr zu Jahr schlimmer wird. Durch die Klimakrise häufen sich Extremwetter-Ereignisse, es beginnt früher zu regnen und nicht selten steigen die Flüsse zweimal im Jahr über ihre Ufer. Die Frequenz von Starkregen und Sturm, auch von Tornados, nimmt zu.

Unterstützung in 37 Dörfern

Seit einem halben Jahr arbeitet unsere Partnerorganisation SKS Foundation in den 37 neuen Dörfern und konnte bisher 22 Frauen-Selbsthilfegruppen gründen. Insgesamt sollen sich die Lebensbedingungen in dieser prekären geographischen Lage in den nächsten drei Jahren für 2.000 arme Familien aus 37 Dörfern verbessern.

Frauen sind auf sich gestellt

Da viele Männer saisonweise in die Hauptstadt Dhaka auswandern, um dort zu arbeiten, sind die Frauen mit ihren Kindern auf sich gestellt. Darum erreichen die Projektmitarbeitenden durch die Arbeit mit den Frauen-Selbsthilfegruppen, dass sich Solidargemeinschaften bilden, die sich gegenseitig unterstützen. Die Familien werden dabei angeleitet, ihr Einkommen zu verbessern, zum Beispiel durch Viehhaltung. Viele der Haushalte halten bereits Tiere und können anderen  helfen, Kontakte zu staatlichen Dienstleistern z.B. in Bezug auf die Tiergesundheit zu schaffen.

Anpassungen beim Anbau von Obst und Gemüse notwendig

Durch den Anbau klimaresistenter Nutzpflanzen ernähren sich die Menschen dann vielseitiger und nahrhafter. Mehr noch soll durch höhere Erträge auch hier das Einkommen verbessert werden. Damit die Menschen auf den Chars mehr als bisher gegen Hochwasserkatastrophen geschützt sind, erstellen sie gemeinsam mit den Projektmitarbeitenden eine Analyse, in der die Verwundbarkeit für Fluten und Hochwasser dokumentiert sind. Darauf aufbauend erarbeiten sie Aktionspläne, um das Risiko in der Flut zu sterben, zu reduzieren. Außerdem ist geplant, dass die Menschen stärker mit den lokalen Katastrophenschutzbehörden in Kontakt stehen.

Toiletten und Frischwasser

Aus der Not heraus haben sich die Menschen in der Projektregion selbst Latrinen aus Bambus und Lehm gebaut. Allerdings sind diese oft sehr unhygienisch. Bei Flut werden sie überspült, sodass Fäkalien mit ins Flusswasser gelangen. Jede zehnte Familie hat keine Latrine. Auch diesem Problem nehmen sich die Projektmitarbeitenden an und setzen sich für die Errichtung von hygienischen Sanitärlatrinen, Waschgelegenheiten und den Bau weiterer Trinkwasserbrunnen ein. Im Team der Partnerorganisation gibt es auch Ingenieure, die solche Sanitärlatrinen planen und gemeinsam mit den Menschen bauen.

Sarah Jane Call, die das Projekt im Februar besucht hat:

„Beeindruckt hat mich bei diesem Projektbesuch die Stärke der Frauen. Jedes Jahr müssen sie eine Flut über sich ergehen lassen, haben schon so viele Menschen in der Flut verloren oder mussten umziehen, weil ihre alte Insel – ihre Heimat – einfach weggespült wurde. Jetzt sitzen diese Frauen da und sind so motiviert etwas zu ändern. Mit unserer Hilfe sehen sie nun endlich etwas Hoffnung.“

 

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